Mikroplastik: jetzt auch im Menschen nachgewiesen
Eigentlich doch wenig überraschend: Forscher der Universität Wien haben nun erstmals Mikroplastik im menschlichen Körper nachgewiesen. Wer bisher glaubte, die ständig wachsende Flut von Plastikabfällen würde ihn doch gar nicht betreffen – der sollte seine Haltung nun endgültig überdenken.
Die Studie der Universität Wien
In einer Studie haben Forscher der Medizinischen Universität Wien und des österreichischen Umweltbundesamts erstmals Mikroplastik im Darm von Menschen nachgewiesen. Die Probanden der Studie kamen aus unterschiedlichsten Ländern: aus Finnland, Holland, Großbritannien, Italien, Polen, Russland, Japan und Österreich. Sie führten ein Ernährungstagebuch und gaben Stuhlproben ab. Alle Teilnehmer konsumierten in Plastik verpackte Lebensmittel, Getränke aus PET-Flaschen, aßen Fisch.
Die Forscher untersuchten dann den Stuhl der Teilnehmer und Teilnehmerinnen auf zehn unterschiedliche Kunststoffe. Bei allen acht Probanden wurde Mikroplastik im Stuhl nachgewiesen.
Im Durchschnitt befanden sich etwa 20 Mikroplastik-Teilchen in 10 Gramm Stuhl. „In unserem Labor konnten wir neun verschiedene Kunststoffarten in der Größe von 50 bis 500 Mikrometer nachweisen“, erklärt Bettina Liebmann, die für Mikroplastikanalysen zuständige Expertin im Umweltbundesamt. Am häufigsten fanden sich PP (Polypropylen) und PET (Polyethylenterephthalat) in den Proben.
Wie gelangen die Plastikpartikel in den menschlichen Körper? Eine Quelle sind Nahrungsmittel aus dem Meer. Dabei befindet sich das meiste Mikroplastik im Magen-Darm-Trakt. Glücklicherweise werden die meisten Fische vor dem Verzehr ausgenommen. Isst man aber beispielsweise Muscheln, so nimmt man mit einer durchschnittlichen Portion etwa 900 Mikroplastik-Teilchen auf.
Viele der Plastikteilchen werden dann über den Verdauungstrakt einfach wieder ausgeschieden. Genau das haben die Forscher in Wien nachgewiesen.
Aber noch kleinere Teilchen können ins Gewebe eindringen und von den Zellen aufgenommen werden.
Der Nachweis des Mikroplastik ist gar nicht so einfach. Mit dem bloßen Auge oder selbst mittels Mikroskop ist nicht so leicht zu erkennen, um welches Material es sich handelt.
Was ist Mikroplastik
Als Mikroplastik werden kleine Kunststoffteile bezeichnet, die kleiner als fünf Millimeter sind. Inzwischen wird zudem zwischen großen Mikroplastikpartikeln (5 bis 1 mm) und noch kleinen Mikroplastikpartikeln (weniger als 1 mm) unterschieden.
Das Plastik wird aber immer weiter zersetzt. Von Nanopartikeln spricht man bei Partikeln mit einer Größe im Nanometerbereich, von weniger als 0,1 Mikrometer, von 1 nm bis 100 nm. 1 Nanometer (nm) entspricht einem Millionstel Millimeter.
Außerdem wird zwischen primärem und sekundärem Mikroplastik unterschieden. Zu primären Mikroplastik gehören alle Zutaten die direkt Kosmetika oder Reinigungsmitteln zugesetzt werden, um sie geschmeidiger, weicher zu machen oder eine Art „Peeling-Effekt“ zu erzeugen.
Von sekundärem Mikroplastik spricht man, wenn sich Plastik in der Umwelt zersetzt oder durch Abrieb entsteht. Typisch sind zum Beispiel Plastikflusen aus Kleidung aus Polyester oder Fleece oder der Abrieb von Autoreifen.
Wo überall findet sich Mikroplastik
Die einfache Antwort: so ziemlich überall. “Mikroplastik findet sich in allen Elementen: Erde, Wasser, Luft, außer im Feuer…” So erklärt es Maria Leidemann, Umweltberaterin beim Bayerischen Verbraucherservice in einem Interview.
Und überall dort wurde es inzwischen auch nachgewiesen: In unseren Gewässern, in den Weltmeeren, im Trinkwasser, in anderen Getränken. Über die Nahrungskette und Plastikverpackungen gelangt es in unser Essen. Hersteller setzen es in Kosmetika und Putzmitteln ein. In die Luft gerät es vor allem durch den Reifenabrieb unserer Autos. Und besonders problematisch, weil dort praktisch nie mehr(!) zu entfernen, durchdringt es mittlerweile auch unsere Böden.
Foto: 5Gyres / Oregon State University
Mikroplastik in der Erde, dem Wasser, der Luft
Mikroplastik in unserem Wasser
Mittlerweile findet sich Plastik in unterschiedlichsten Formen in all unseren Gewässern. Die Weltmeere leiden besonders unter den Abfallmengen. Berüchtigt sind die Plastikstrudel in den Ozeanen. Der größte Strudel im Pazifik bedeckt mittlerweile eine Fläche, die viermal größer als Deutschland ist.
Eine Untersuchung der deutschen Binnengewässer an 52 Messpunkten zeigte eine durchgehende Belastung der Gewässer durch Mikroplastik.
Wasserproben an 52 verschieden Messstellen, 19.000 untersuchte Objekte, davon mehr als 4.000 Plastikteilchen zeigen die dramatische Entwicklung in unseren Gewässern. Aber auch unser Trinkwasser ist bereits belastet: aktuell hat der Oldenburger Forscher Gerd Liebezeit (Carl-von-Ossietzky-Universität) Mikroplastik in verschiedenen Leitungswasserproben nachgewiesen. Ihm war zuvor bereits der Nachweis der Kunststoffteilchen in Milch, Honig, Limonanden und anderen Lebensmitteln gelungen. Dass man natürlich auch Plastik in Mineralwasser aus Plastikflaschen nachweisen kann, erscheint da nur logisch.
Einige Untersuchungen und Analysen haben sich speziell mit Flaschenwasser beschäftigt. So hat das Instituts für Ökologie, Evolution und Diversität der Frankfurter Universität mehrfach Mineralwässer getestet. Auch dort wurden – wenig überraschend – chemische Weichmacher und Bisphenol A in mehr als der Hälfte der untersuchten Mineralwässer gefunden.
In jeder fünften Flasche wurden insgesamt 85 Stoffe entdeckt, die dort nicht hingehören.
Ein wesentlicher Faktor zur Verbreitung von Mikroplastik ist unser Abwasser. Die Kläranlagen sind derzeit nicht in der Lage, Mikroplastik aus dem Wasser zu fischen. So verbleiben etwa 80 bis 90 Prozent der darin enthaltenen Plastikpartikel im Klärschlamm. Dieser wird wiederum zum Großteil als Dünger auf unsere Felder ausgebracht. So geraten jährlich viele Tausend Tonnen Mikroplastik in unsere Böden.
Mikroplastik in unserem Boden
Weltweit werden jährlich mehr als 400 Millionen Tonnen Plastik produziert. Schätzungsweise ein Drittel des Plastikmülls landet dabei in der Umwelt. Die Verschmutzung unseres Bodens durch Mikroplastik ist deutlich größer als in den Meeren. Man schätzt sie – je nach Umgebung – auf das 4- bis 23-fache. Beispielsweise rieselten auf Testflächen im Großraum Paris täglich 355 Mikroplastikteilchen pro Quadratmeter, ergab eine Studie aus dem Jahr 2016.
Die Folgen für unser Ökosystem sind noch nahezu unerforscht. Aber, wie unschwer nachzuvollziehen ist, kann Mikroplastik oder gar Nanoplastik praktisch nicht mehr aus dem Boden entfernt werden. Mit den Folgen werden wir in Zukunft zu leben haben.
Die Größenverhältnisse und Wirkung der verschiedenen Plastikpartikel
WARUM IST MIKROPLASTIK SO GEFÄHRLICH?
Plastik, der „eigentliche Kunststoff“ an sich muss dabei gar nicht giftig sein. Grundsätzlich muss aber festgestellt werden: Plastik ist kein Nahrungsmittel. Meeresbewohner und Seevögel können es nicht von richtiger Nahrung unterscheiden und verwechseln es. Mit dramatischen Folgen: viele verhungern dann einfach. Weltweit sterben so jährlich circa eine Million Vögel und 100.000 Meeressäugetiere einen qualvollen Hungertod.
So ist beispielsweise in manchen Regionen die Population der Albatrosse um bis zu 80 Prozent zurückgegangen, weil Jungtiere verhungert sind. Schildkröten verwechseln im Wasser treibende Plastiktüten mit Quallen und verenden daran.
Plastik besteht nicht nur aus Plastik
Das Plastik einer Wasserflasche enthält bis zu 2.000 verschiedene Stoffe! Diese Inhaltsstoffe müssen von den Herstellern nicht offen gelegt werden. Entsprechend können gar keine klaren Aussagen über die Harmlosigkeit (oder Gefährlichkeit) dieser Stoffe getroffen werden.
Sicher nachgewiesen ist aber die schädliche Wirkung von Weichmachern (Phthalate) und Bisphenol A (BPA, es macht Plastik haltbarer und härter) in den Kunststoffen. Weltweit existieren Hunderte von Studien, die sich mit den schädlichen Auswirkungen auf Mensch, Tier und Umwelt befassen.
Die Weichmacher werden verdächtigt, Allergien, Asthma und sogar Krebs zu fördern. Außerdem ähneln manche Stoffe in ihrer Wirkung der von Hormonen und können die Fruchtbarkeit herabsetzen.
BPA wird als fettlöslicher Stoff besonders gut über die Haut aufgenommen. Werden bestimmte Werte überschritten, kann es zur neurologischen Störungen kommen, Fortpflanzungsfähigkeit und Immunsystem können beeinträchtigt sein.
Plastikteilchen – Magnet für andere Schadstoffe
Andere Schadstoffe und Gifte lagern sich gerne an Mikroplastik an. Die Plastikteilchen wirken da wie ein Schwamm. Sie reichern z.B. Dioxine oder PCB an. Mehrere Forschungsprojekte untersuchen die Wirkung auf verschiedene Organismen.
Eine Untersuchung kam zu dem Ergebnis, dass Miesmuscheln kleinste Körnchen Polyethylen im Gewebe anreichern. Sie lösen dort dann Entzündungsreaktionen aus und verursachen Geschwüre.
All die Schadstoffe, die sich an die Kunststoffteilchen anheften oder aber im Plastik selbst enthalten sind, können sich im Körper der Organismen wieder vom Kunststoff lösen und dann ihre schädigende Wirkung entfalten.
Oder das Mikroplastik landet über die Nahrungsmittelkette schließlich auch auf unseren Tellern und schließlich im menschlichen Körper. Viele der Plastikteilchen werden dann über den Verdauungstrakt einfach wieder ausgeschieden. Genau das haben die Forscher in Wien nachgewiesen.
Mikroplastik zieht Umweltgifte an, wird von Meeresorganismen gefressen und ist nicht wieder aus der Umwelt zu entfernen.
Filmbeitrag von ntv über die Wiener Studie „Plastik im Menschen“
Wie wir uns vor Mikroplastik schützen können
Nun haben diese neuen Untersuchungsergebnisse die Welt doch etwas hochgeschreckt. Grundsätzlich ist eine Welt ohne Plastik heute kaum vorstellbar. Plastik ist heute überall zu finden. Es ist heute in einer Form verbreitet, die es praktisch unmöglich macht, es wieder aus der Luft, aus den Ozeanen oder aus dem Boden zu entfernen. Durch Abrieb und Umwelteinflüsse entstehen immer kleinere Partikel, die alle Barrieren überwinden und sich grenzenlos verteilen. Auf Nano-Ebene existieren noch nicht ein Mal Messmethoden, geschweige denn Erkenntnisse, über die mögliche schädliche Folgen. Weitere Forschungen sollen nun die genauen Risiken von Mikroplastik erkunden.
Was wir aber schon heute tun können:
Bewusst einkaufen
Auf Kosmetika, Duschgels und Reinigungsmittel mit Mikroplastik sollte verzichtet werden. Dabei ist ein Einkaufsratgeber vom Bund Naturschutz hilfreich. Dort findet man auch eine Liste der häufigsten Kunststoffe in Kosmetika. Tauchen diese Stoffe in der Artikelbeschreibung auf, sollte man auf andere Produkte ausweichen.
Der Bund Naturschutz erklärt in einem Artikel auch, wie man ein Peeling selbst herstellen kann!
Plastik und Plastikverpackungen meiden
Natürlich sollten wir immer bemüht sein, den Plastikkonsum zu verringern. Vermeidet, wo immer möglich, den direkten Kontakt von Lebensmitteln mit Plastik. Wieso eigentlich müssen Bio-Bananen in Plastikbeuteln verpackt sein?
Lebensmittel sind besser in Glas- und Metall- oder Holzbehältern aufzubewahren.
Bei Kleidung sollte man bevorzugt auf Naturmaterialien setzen und Kunststoffe und Fleece-Materialien meiden.
Das richtige Wasser
Und – ein weiterer Punkt: man sollte keinesfalls aus Plastikflaschen trinken! Neben dem ökologischen Unsinn nimmt man möglicherweise noch eine Vielzahl von Schadstoffen auf.
Natürlich sollte man seinen eigenen Kaffee-Becher To-Go besitzen (und nutzen!).
Wir haben es oft geschrieben: Mineralwasser ist qualitativ keineswegs besser, als Leitungswasser. Ideal ist allerdings der Einsatz von einem guten Trinkwasserfilter. Wir verwenden in unseren Wassertankstellen die Wasserwerke von Ideal Water.
Quellen & weiterführende Links:
Veröffentlichung der Studie Uni Wien
Unsere Lösung: Gutes Wasser an unseren
Trink-Dich-Fit - Wassertankstellen
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